EU-Renaturierungsgesetz darf nicht an uns scheitern

Zehn Vorarlberger Institutionen aus Natur- und Umweltschutz haben sich mit einem offenen Schreiben an LH Wallner gewandt und ihn dringend ersucht, die Umsetzung des EU-Renaturierungsgesetzes zu unterstützen.

Die Organisationen wüssten auch gerne, wie solche Stellungnahmen eigentlich zustande kommen, und warum sie nicht öffentlich gemacht werden. Es ist uns auch auch unklar, warum die Landeshauptleute auf ihrer früheren ablehnenden Stellungnahme beharren, wenn in der Zwischenzeit vom EU-Parlament ein Kompromiss beschlossen wurde, in dem viele Bedenken bereits berücksichtigt wurden.

Bereits im Vorjahr haben sich ja alle österreichischen Umweltanwält*innen dafür eingesetzt, dass das Renaturierungsgesetz nicht verwässert werden dürfe. Nunmehr wurde im Februar schon ein abgeschwächter Kompromiss beschlossen – wenigstens der soll nicht ausgerechnet an Österreich scheitern.

Übrigens hat sich gerade eine neue Initiative gebildet, die Unterschriften für das Gesetz sammelt, und auf ihrer Website auch informiert und über Gerüchte aufklärt: www.renaturierungsgesetz.at

Im Zweifelsfall schießen?

Manchmal kann’s schnell gehen: Gestern vormittag wurde in den Medien berichtet, dass ein Tier, sehr wahrscheinlich ein Wolf, in der Nacht in Bludenz gefilmt wurde. Gestern am frühen Nachmittag verkündeten Vertreter der Landesregierung, dass dieses Tier geschossen werden müsse, gestern im Lauf des Tages hat die BH Bludenz eine Ausnahmebewilligung erlassen und heute morgen veröffentlicht.

Bleibt nur die Frage, ob diese schnelle Entscheidung auch korrekt ist: Weiterlesen

Salzburg: Naturschutz stärken, nicht schwächen

Im Salzburger Landtagswahlkampf gab es wiederholt Angrifffe auf den Naturschutz und die Salzburger Landesumweltanwaltschaft (LUA), ihre Zukunft soll Teil der laufenden Koalitionsverhandlungen sein. Aus diesem Anlass haben Wissenschafter:innen,  Naturschutzorganisationen und alle Umweltanwaltschaften einen offenen Brief unterzeichnet. Dieser wendet sich gegen die geplante Schwächung des Salzburger Naturschutzgesetzes und der Parteirechte der LUA als Gegenstand von Regierungsverhandlungen.

Die Tätigkeit der LUA ist eine Versicherung zum Erhalt einer lebenswerten Zukunft, die wir den künftigen Generationen schulden. Die LUAs sind kritische, aber konstruktive Parteien im Naturschutzverfahren. Es wäre verantwortungslos gerade jetzt angesichts der zahlreichen Bedrohungen für die menschliche Lebensgrundlage auf Kosten der künftigen Generationen den Naturschutz und seine Stimme zu schwächen.
Denn Natur- und Biodiversitätsschutz sichern Lebensqualität und stärken die Widerstandskraft der Natur auch gegenüber der Klimakrise.

Die Unterstützenden fordern daher, den Naturschutz und die LUA im Interesse der kommenden Generationen zu stärken.

Mahnwache Mobilitätswende

Grafik Treibhausgas-Emissionen Vorarlberg 2020

Anteil der Sektoren an den THG-Emissionen 2020

Auch heuer findet österreichweit wieder die „Aktion Autofasten“ statt
Aus diesem Anlass organisiert ein Bündnis von Initiativen und Organisationen eine Kundgebung, um daran zu erinnern, dass der Autoverkehr immer noch der Sektor mit dem höchsten Anteil an den Treibhausgasemissionen ist.
Und dass es allerhöchste Zeit für wirksame Maßnahmen ist.

Freitag 24. Februar, 18.00 Uhr
Feldkirch, Schulbrüderstraße (Infopoint Stadtunnel) – Karte 
Haltestelle: Tisis Proßwaldenweg (Linien 401, 402, 407, 409, 445, 530, 535 )
Flugblatt

Veranstalter: NETZWERK AUFHÖREN

in Kooperation mit
# Petition – Wende in der Verkehrspolitik  # Naturschutzbund Vorarlberg
# Fridays For Future Vorarlberg  # Transform
# Bürgerinitiative stattTunnel  # Extinction Rebellion
# Prof. Heinz Allgäuer-Hackl (FH Vorarlberg)  # Konsumentensolidarität-Jetzt – CONSOLNOW
# Radlobby Vorarlberg  # Katholische Jugend und Jungschar Vorarlberg
# Naturschutzanwältin Katharina Lins  # Alpenschutzverein

EU-Agrarpolitik und Umwelt: Da geht noch mehr

Die Landwirtschaft hat große Auswirkungen auf Umwelt und Natur – positive und negative. Daher hat die Agrarpolitik der EU eine Schlüsselrolle bei der Erhaltung der Biodiversität und der Begrenzung der Klimakrise. Um dies zu erreichen, sind zielgerichtete Förderungen von größter Bedeutung.

Die österreichischen Umweltanwaltschaften haben daher in einer gemeinsamen Stellungnahme konkrete Verbesserungen im neuen EU-Förderprogramm gefordert.

Dazu weisen wir ausdrücklich auf die umfassende Arbeit von 18 Naturschutzfachleuten zu den Herausforderungen bei ÖPUL-Naturschutzmaßnahmen und naturschutzfachlichen Empfehlungen für künftige Fördermaßnahmen hin (Eichberger et al. 2019), die hier unbedingt zu berücksichtigen sind. Denn sie umfassen bereits ganz konkrete Maßnahmen und begründete Verbesserungsvorschläge zur Zielerreichung. Die Umsetzung dieser Forderungen sind unbedingt notwendig, um die Biodiversität und den Naturhaushalt samt seiner Ökosystemleistungen zu schützen und den European Green Deal erfüllen zu können.

Neben Hecken, Feldgehölzen und Obstbaumbeständen wichtig sind auch attraktive Prämien für Flächen, die später als üblich gemäht werden, als auch Förderungen für einmähdige Magerstandorte mit geringem Heuertrag sowie die Anwendung einer naturkonformen, tierschonenden Mähtechnik, Brache- und Wiesenrandstreifen, auch entlang von Waldrändern und Gewässern. Dies ist insb. auch für den Insektenschutz (Heuschrecken, Schmetterlinge und Libellen) wichtig.

Gezielt gefördert werden müssen auch für Amphibien und Reptilien wichtige Strukturen wie Steinmauern, Lesestein- und Totholzhaufen, feuchte und staunasse Mulden, sowie Vogelansitzwarten (z.B. für Braunkehlchen, Neuntöter und Greifvögel) auf Schlägen.
Auf Weideflächen sind attraktive Prämien zur Auszäunung von ökologisch bedeutenden Lebensräumen wie Mooren und Feuchtflächen notwendig, als auch eine Beschränkung der Tierzahl und Förderung spezieller Haustierrassen für den Erhalt von Mager- und Hutweiden, standortangepasste Almbewirtschaftung und Tierwohl, Festmistsysteme und Kompostierung.

Für Äcker ist nicht nur der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel sowie Erosionsschutz wichtig, sondern auch die Förderung des Humusaufbaus, stickstoffbindender Pflanzen und Zwischenfruchtanbau, Humuserhalt und Bodenschutz sowie Schutz von Lerche und Kiebitz durch sog. „Kiebitz-Äcker“ und „Lerchenfenster“.

Mehr Information:

GAP: nationaler Strategieplan für Österreich (incl. Möglichkeiten zur Stellungnahme)

Studie: Maßnahmen und Herausforderungen, Eichberger et. al., 2019

Stellungnahme der österreichischen Umweltanwält*innen

 

 

S 18: Alternativen – ja bitte!

Die Naturschutzanwaltschaft begrüßt die Forderung des Nationalrats, dass die Evaluierung der S18 auch mögliche Querungen im Raum Diepoldsau einschließen soll.
Die Aufregung über den diesen Beschluss können wir nicht nachvollziehen. Schließlich sollte es doch im Interesse aller sein, möglichst verträgliche, zweckmäßige und umsetzbare Lösungen zu finden.
Dasselbe gilt für die „Klima-Evaluierung“ – sowohl Landes- als auch Bundesregierung bekennen sich in ihren Regierungserklärungen ja zur Aktion für den Klimaschutz. Da ist es nur konsequent, auch die konkreten (und teuren) Projekte unter diesen Gesichtspunkten genau anzusehen.

Wir – Vertreter*innen von Naturschutzorganisationen – haben ja schon im Planungsverfahren „Mobil im Rheintal“ eine pragmatische Variante vorgeschlagen, die mit einer Querung im Raum Mäder/Altach und einem Anschluss beim Bruggerloch mit geringen Eingriffen ganz gute Entlastungen erreichen könnte (Mehr dazu habe ich schon 2019 in unserem Blog beschrieben: http://www.naturschutzanwalt.at/s18-alternativlos). Mit einer leistungsfähigeren Querung etwas weiter nördlich könnten diese Entlastungen noch besser ausfallen.

Wir halten es daher für unbedingt notwendig, mögliche Varianten zu prüfen, die Querungen beim Bruggerloch, beim Stadion in Lustenau und im Raum Mäder bis Diepoldsau umfassen.
Immer wieder haben wir betont, dass zu dieser Variante eine Kombination aus Maßnahmen nördlich und südlich von Lustenau gehören, und immer wieder hören wir, dass sie südlichen Querungen halt leider „nichts bringen“. Da stellt sich schon öfters die Frage ob es da am Verstehen-Können oder Verstehen-Wollen fehlt … Wir erwarten  ja gar nicht dass man uns blind glaubt, aber sich vor solchen Urteilen einmal die Daten anzusehen, wäre eigentlich nicht zu viel verlangt.
Hier noch einmal die Wirksamkeit der Varianten aus „Mobil im Rheintal“ (Unten in der Galerie-Ansicht ist jeweils ein Link zum Bild in voller Auflösung. Und ja, dieses Verkehrsmodell ist mittlerweile schon 10 Jahre alt. Aber bei den neueren Planungen wird schon ein aktualisiertes Modell verwendet – das muss genauso für die Variantenprüfung herangezogen werden).

Meine Aussage zur Wirksamkeit der „pragmatischen Variante“ beim VN-Stammtisch ist übrigens leider auch nicht richtig rübergekommen: Die hätte nach den Modellrechnungen 40 – 50 Prozent vom Gesamtverkehr beim Zollamt Lustenau entlastet, den Schwerverkehr könnte man sogar zur Gänze umlagern, weil man dafür Routenbindungen festlegen kann. Natürlich nur, wenn es überhaupt andere Routen gibt.

Klima- und Umweltchecks: Wichtiger denn je

Acht Vorarlberger Naturschutzorganisationen und die Naturschutzanwaltschaft haben in zwei Schreiben an die Landesregierung gefordert, dass alle Gesetze und Verordnungen, alle Förderungen und alle eigenen und mitfinanzierten Vorhaben des Landes von vornherein auf ihre Verträglichkeit mit den Zielen des Umwelt- und Klimaschutzes geprüft werden sollen.

Klima-und Umweltcheck Schreiben Februar 2020
Klima-und Umweltcheck Schreiben September 2020
Klima-und Umweltcheck – offener Brief Oktober 2020

Diese Forderungen beziehen sich auf die Ziele, die sich die Landesregierung in ihrem letzten Regierungsprogramm selber gegeben hat. In diesem Programm wird auch ausdrücklich auf den Landtagsbeschluss zum Klimanotstand vom Juli 2019 verwiesen: „Das vom Landtag einstimmig beschlossene Maßnahmenpaket gegen den „Klimanotstand“ ist Leitlinie für die Politik der Vorarlberger Landesregierung.“
Dort wird unter Punkt 3 gefordert „einen Gesetzescheck Energieautonomie und Klimaschutz einzuführen, in dem jedes Gesetz, jede Verordnung und jede Förderung geprüft wird, ob sie den Zielen der Energieautonomie und dem Klimaschutz dient“.

Wir Naturschützer sind mit diesen Zielen voll einverstanden – gemessen werden sie aber an der tatsächlichen Umsetzung, und da wird besonders am Einsatz von finanziellen Mitteln sichtbar, wo wirklich die wichtigsten Interessen liegen
Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich noch einmal vieles im Land geändert, das Budget wird durch neue Aufgaben und notwendige Investitionen belastet. Umso wichtiger wird es sein, die öffentlichen Mittel richtig einzusetzen. „Jeder investierte Euro muss zu einer langfristig zukunftsfähigen Entwicklung beitragen und darf keinesfalls Teil des Problems werden“ heißt es deshalb im zweiten Schreiben.

Im Februar antwortete LH Wallner, „dass wir derzeit die konkrete Umsetzung der von Ihnen zitierten Punkte im Regierungsprogramm vorbereiten und wir uns zu diesen Zielen selbstverständlich auch bekennen.“

Das ist sehr erfreulich. Wenn das Land nun aber 1,3 Millionen Euro Förderung für den Bau einer Weltcupstrecke in Lech bezahlt, mit massiven Geländeveränderungen, 22 Meter hohen Flutlichtmasten und einem Schneedepot von 35.000 m3, die mit LKW und Pistenraupen verteilt werden sollen, sind die guten Vorsätze offenbar noch nicht in der Praxis angekommen.

Update 16. 10:
Gerade im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen bei dieser Weltcupstrecke wollten die Naturschützer genauer wissen, wie sich das Land die konkrete Umsetzung der eigenen Grundsätze vorstellt und haben in einem offenen Brief an LH Wallner noch einmal nachgefragt. Klima-und Umweltcheck – offener Brief

Raumplanung soll Schiedsrichter sein

Vorige Woche hat ein breites Bündnis von Organisationen gefordert, dass in Vorarlberg, wie in anderen Ländern, die Ressorts Wirtschaft und Raumplanung in der Landesregierung getrennt werden sollen (Presseaussendung).

Diese Forderung macht aus unserer Sicht absolut Sinn, wir unterstützen sie vollinhaltlich. Denn die Aufgabe der Raumplanung ist nun einmal, die vielen verschiedenen Ansprüche an den Raum zu regeln und räumlich zu ordnen. Und gerade in einem kleinen Land wie Vorarlberg, wo so viele Nutzungsansprüche auf engem Raum aufeinander treffen, ist diese Aufgabe eine große Herausforderung – die Debatten der letzten Zeit haben das deutlich gezeigt.

Die Ziele und Grundsätze sind in den ersten Paragraphen des Raumplanungsgesetzes eigentlich schön definiert (siehe unten), dort steht auch klar, dass die „Gesamtgestaltung des Landesgebiets“ dem „allgemeinen Besten“ dienen soll, und dass alle Interessen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen. Weiterlesen

Mobilitätskonzept Vorarlberg – vertane Chance?

Das letzte Vorarlberger Verkehrskonzept wurde 2006 beschlossen, ist also schon eine ganze Weile her. Jetzt steht die Überarbeitung an, zur Vorbereitung gab es einen Bürgerrat, der ganz interessante Ideen aufwarf, die auch in einem „Bürgercafé“ diskutiert wurden.

Im Frühjahr wurde der Begutachtungsentwurf öffentlich aufgelegt – leider gerade über die Osterzeit und in einer Phase, in der auch sonst sehr viel auf dem Arbeitsprogramm stand. Wir haben uns trotzdem bemüht, trotz knapper zeitlicher Ressourcen das Wichtigste aus unserer Sicht einzubringen: Stellungnahme der Naturschutzanwaltschaft.

Das ganz kurze Fazit ist, dass leider die Chance verschenkt wurde, die Mobilität wirklich an Prinzipien der Nachhaltigkeit auszurichten. Man sieht dem Entwurf zwar an, dass sehr viel Arbeit und viele gute Ideen eingeflossen sind. Zugleich ist aber auch erkennbar, dass offenbar alle Interessen bedient werden sollten – also neben Radverkehr und ÖV auch Auto- und Flugverkehr, und natürlich wollte man sich von den liebgewordenen alten Projekten wie Stadttunnel Feldkirch und der S18 nicht trennen, die aus unserer Sicht nur zur Verlängerung eines längst überholten Verkehrssytems beitragen würden. Weiterlesen

S18 alternativlos?

Die Variante „V wie vernünftig“ ist aus der Sicht des Naturschutzes tatsächlich genau das – nicht umsonst haben wir etwas Ähnliches seit vielen Jahren gefordert.
75% der Entlastung zu 10% der Kosten – das ist doch gar nicht schlecht.

Viel Aufregung ist ausgebrochen, seit die Grünen eine Alternative zur S18 vorgeschlagen haben. Einige meinten, das bringe doch alles nix und man habe die Lösung doch längst geprüft und verworfen, und in dem langen Planungsprozess seien nun einmal die beiden Trassenvarianten für die S18 als beste Lösung herausgekommen.

Nun haben sich wohl nicht alle Kommentatoren intensiv mit dem Thema beschäftigt, oder haben die Fakten wieder vergessen.  Es ist auch schon lange her – der Prozess „Mobil im Rheintal“ wurde schon 2006 eingeleitet, das Schlussdokument dazu wurde im Oktober 2011 veröffentlicht. Ich war aber von Anfang an dabei und kann mich noch ganz gut erinnern … tatsächlich war auch in dem Verfahren nicht alles „reine Wissenschaft“.

So wurde zum Beispiel in der Mitte des Verfahrens die damalige „Alternative E“, die im Prinzip der S18 enspricht, aus fachlichen Gründen bereits ausgeschieden. Sofort fingen die politischen Räder an zu drehen, und mehrere Gemeinden setzten sich massiv dafür ein, diese Variante zurück in den Prozess zu holen. Weiterlesen