Vor kurzem habe ich bei der Grenze zwischen Ludesch und Nüziders vorbeigeschaut, und habe mir die Rodung eines Gehölzstreifens für die Firma Rauch angesehen. Nicht schön, wie das momentan aussieht, aber alles ganz legal:
Die BH Bludenz hat die Rodung des Gehölzstreifens und die Umlegung des Mühlbaches für die Betriebserweiterung bewilligt. Und das, obwohl sich die Sachverständigen für Naturschutz und Forstwirtschaft ganz klar dagegen ausgesprochen haben – es war zwar nur ein schmaler Streifen, aber ein wertvoller und attraktiver Bestand von teilweise sehr alten Bäumen.
Wie meistens in solchen Fällen, war eine solche Bewilligung über eine Interessensabwägung möglich. Diese Abwägung ist ein Kernstück des Naturschutzgesetzes: Wenn andere „Vorteile für das Gemeinwohl“ die Beeinträchtigung von Naturschutzinteressen überwiegen, darf die Behörde trotzdem eine Bewilligung erteilen (falls es keine zumutbaren Alternativen gibt – das wäre eigentlich auch ein ganz wichtiger Punkt).
Grundsätzlich ist so eine Abwägung jedenfalls notwendig, und hat auch Sinn, da kein Interesse absolut gilt. Praktisch ist hier allerdings der Spielraum sehr groß, und man wundert sich manchmal, was alles als öffentliches Interesse gilt, das wichtiger sein soll als die Erhaltung von Natur und Landschaft. Im Fall Rauch hat die Behörde begründet, dass es sich hier um einen großen regionalen Betrieb handle, der durch die Erweiterung Arbeitsplätze schaffe und absichere. Andernfalls „sei die wirtschaftliche Expansion am bestehenden Standort stark eingeschränkt und müsste allenfalls auch ein Ausweichen ins Ausland befürchtet werden“. Wie groß oder beschränkt der Platz dort ist, hat man allerdings schon gewusst, als man sich dort angesiedelt hat, und ob tatsächlich jeder Betrieb gleich mit allem Drum und Dran ins Ausland wandert, wenn er nicht alles bekommt, was er möchte, kann man durchaus bezweifeln.
Zweifellos: Wir brauchen wirtschaftliche Entwicklung, Betriebe und Arbeitsplätze. Ich frage mich allerdings schon:
Wenn man die Idee von einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Entwicklung ernst nimmt, ist es dann das höchste aller Interessen, in einem Vorarlberger Alpental Aluminiumdosen herzustellen, und diese mit einem stark gezuckerten, gefärbten und aromatisierten „Energiegetränk“ zu füllen?
Bringt das dem „Gemeinwohl“ langfristig wirklich mehr als Bäche, Wiesen und Auwälder?
Auch hat man hier durch frühere Entscheidungen Sachzwänge geschaffen. Aus meiner Sicht war es schon ein großer Fehler, im Jahr 2003 die Umwidmung für den Rexam-Neubau zu bewilligen – dafür war ja eine Ausnahme von der Landesgrünzone nötig. Hier wurde eine klare Grenze zwischen Industriegebiet und Grünzone überschritten, und die Erfahrung zeigt, dass nach einem solchen ersten Schritt jeder weitere leichter wird.
Mehr Bilder dazu stehen auf der Plattform Auwald.
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